Brauerei
Westfalia Gebr. Hagedorn / Münster, geschlossen 1953
Die Brauerei
Westfalia an der Geiststraße, um 1930.
Die miteinander
verschwägerten Brüderpaare Cornelius und Joseph Hagedorn und Eduard und
Ferdinand Schultz gründen die Brauerei Westfalia OHG. Als Standort wird ein
Gelände an der Geiststraße/Ecke Weseler Straße gewählt, da sich dort auf einem
Ausläufer des münsterischen Kiessandrückens günstige Wasserverhältnisse finden.
Die Brauerei ist die erste in Münster, die untergäriges Bier produziert, die
zahlreichen kleinen Brauereien der Stadt stellen obergäriges Altbier her. 20 000
hl werden in den ersten Jahren jährlich ausgestoßen, die Brauerei ist bereits
mit modernen Dampf- und Kühlmaschinen ausgestattet.
Aufgrund der steigenden
Nachfrage werden Erweiterungsbauten notwendig, große Gebäude für Lager- und
Gärkeller werden errichtet. Zudem kauft die Brauerei mehrere Restaurants und
Hotels in der Stadt an. Der Vertrieb wird auf alle Ortschaften des Münsterlands
ausgedehnt, die Brauerei wird der bedeutendste Bierlieferant Münsters und des
Münsterlands. Vor allem das zu diesem Zeitpunkt noch wenig verbreitete
Flaschenbier findet großen Absatz.
Ein Großfeuer vernichtet
einen großen Teil der Brauerei. Die Produktion kann aber nach einigen Monaten
Unterbrechung wieder aufgenommen werden, die Betriebsanlagen werden schnell neu
aufgebaut und modernisiert. Der Kundenkreis dehnt sich in den folgenden Jahren
weiter in den norddeutschen Raum hinein aus.
Wie viele Brauereien hat die
Brauerei Westfalia unter den Folgen des Ersten Weltkriegs zu leiden: Rohstoffe
werden kontingentiert, ausländisches Malz und andere Braukontingente müssen
unter großen Opfern zugekauft werden.
Nach nicht unerheblichen
Verlusten in der Inflationszeit steigert sich der Absatz der Brauerei wieder,
Modernisierungen des Betriebes können durchgeführt werden.
Nach dem Tod
der Gründer der Brauerei führt eine Erbengemeinschaft das
Unternehmen weiter.
Da die
Erbengemeinschaft der Gebrüder Hagedorn und Schultz zerstritten
ist, werden Anteile verkauft. Die Brauerei Westfalia wird in
eine GmbH umgewandelt, deren persönlich haftende Gesellschafter
die Dortmunder Ritter-Brauerei und die Bank für Brauindustrie
sind. Da die Ritter-Brauerei in erster Linie am Absatzgebiet und
am Kundenstamm der Westfalia-Brauerei interessiert ist, wird
ihre Bierproduktion eingestellt und das Unternehmen als
Bierverlag für den Vertrieb des Ritter-Biers weitergeführt.
Im Rahmen
der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der nationalsozialistischen
Regierung wird die Produktion der Brauerei Westfalia wieder
aufgenommen, die Produktionsstätten werden mit staatlicher Hilfe
modernisiert, so dass 1935 der erste Bierausstoß stattfinden
kann. Der Absatz übertrifft bald sogar das Niveau der Zeit vor
dem Ersten Weltkrieg, fünf verschiedene Biersorten werden
hergestellt. Maßgebliche Gesellschafter sind der münsterische
Bauunternehmer Heinrich Büscher und der Bankier Cremer.
Dieses
Bieretikett stammt aus der Zeit des Naziregimes - wer kann mir
dieses Bieretikett im Original beschaffen?
Im Zweiten
Weltkrieg muss die Produktion zunächst gedrosselt und
schließlich aus Mangel an Arbeitskräften und Rohstoffen
eingestellt werden. Die Firmengebäude werden von der deutschen
Wehrmacht beschlagnahmt und als Sicherheits- und Hilfsstelle
genutzt. 80 % der ehemaligen Betriebsstätten werden bei
Bombenangriffen zerstört.
Sofort nach
Kriegsende wird mit dem Wiederaufbau der Brauereigebäude
begonnen, da die ebenfalls zerstörte Ritter-Brauerei zur
Versorgung ihres Kundenstamms zusätzlich Bier von ihren
Tochterunternehmen benötigt.
Bislang einziges Bieretikett meiner
Sammlung - wer kann helfen?
Die
Ritter-Brauerei wird alleinige Inhaberin der Brauerei Westfalia.
Nachdem sie die eigenen Produktionsstätten in Dortmund wieder
aufgebaut hat, übernimmt sie nach und nach die Kapazitäten der
Westfalia-Brauerei. Schließlich wird die Produktion des
münsterischen Betriebs stillgelegt, erneut dient er als Verlag
für Ritter-Bier.
Das
Gebäude der Brauerei Westfalia wird abgerissen und macht zwei
großen Bauprojekten Platz, u.a. lässt sich die Landeszentralbank
dort nieder. Für die Zweigniederlassung der Ritter-Brauerei wird
an der Borkstraße ein neues Gelände mit Anschluss an die
Autobahn erworben; von dort aus werden rund 400 Gaststätten und
18
Bierverleger
in Münster und im Münsterland mit Ritter-Bier beliefert.